Experten-Kolumne |
17.10.2016 15:53:46
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China: Die Suche nach dem "New Normal"
Kolumne

Die jüngsten Wirtschaftsdaten aus China senden widersprüchliche Signale aus, und sie sind unzuverlässig. Aber der Trend ist klar: Die New Economy wird immer wichtiger. Sie muss Bauindustrie und Infrastrukturinvestitionen als Haupttreiber des Wirtschaftswachstums ablösen.
Die jüngsten Exportdaten aus China sind enttäuschend. Zum Teil ist ein Basiseffekt dafür verantwortlich, zum Grossteil jedoch die schwache globale Nachfrage. China befindet sich in einem herausfordernden wirtschaftlichen Umfeld, die Exporte dürften auch in den kommenden Monaten schwach bleiben. Das Importwachstum lag im September ebenfalls unter den Erwartungen, was darauf hinweisen könnte, dass die inländische Nachfrage und die Wirtschaftserholung an Kraft verlieren.
Allerdings befindet sich der Einkaufsmanagerindex für das verarbeitende Gewerbe, einer der wichtigsten vorlaufenden Indikatoren für die Wirtschaft eines Landes, immer noch im expansiven Bereich, und die Produzentenpreise sind im letzten Monat zum ersten Mal seit mehr als vier Jahren wieder in den positiven Bereich geklettert.
Wo ist das nachhaltige Wachstum?
Oft sind Wirtschaftsdaten aus China volatil, und ihre statistische Erfassung ist nicht über alle Zweifel erhaben. Vor dem Hintergrund gemischter Wirtschaftssignale und der Unsicherheit über die wirkliche Situation in China stellt sich die Frage, wo nachhaltiges Wachstum erzeugt werden kann. Das ist besonders zentral, weil die Sektoren Infrastruktur und Bau immer noch allzu wichtige Treiber und Stützen der chinesischen Wirtschaft sind.
In der kürzeren Frist könnte der Immobiliensektor die Wirtschaft belasten. Die Immobilienpreise sind im vergangenen Jahr stark angestiegen. Viele lokale Regierungen haben zur Abkühlung des Immobilienmarktes die Kaufrestriktionen verschärft. Das Bankensystem unter Führung der Zentralbank will den überhitzten Markt ebenfalls beruhigen und steht auf der Kreditbremse. Eine Abschwächung des Immobilienmarktes dürfte zwar keine Finanzkrise auslösen, aber das Wirtschaftswachstum bremsen.
Das von der Regierung proklamierte "New Normal" - tiefere Wachstumsraten, dafür eine höhere Qualität des Wirtschaftswachstums - konnte sich gegenüber dem "Old Normal" - investitionslastiges und schuldengetriebenes Wachstum - erst teilweise durchsetzen. Doch in der New Economy und durch Innovationen entsteht auch in China bereits seit einigen Jahren viel nachhaltiges Wachstum. E-commerce und internetbasierte Wirtschaftsleistungen wachsen rasant, besonders in urbanen Regionen mit einer breiten und konsumfreudigen Mittelschicht. Die Wertschöpfung der New Economy wird in den Wirtschaftsdaten nur ungenügend erfasst, der Konsum und der Dienstleistungssektor sind bereits wichtiger als es die offiziellen Statistiken suggerieren. Das trifft in besonderem Masse auf die bereits hoch entwickelten Küstenregionen des Landes zu.
Innovationen und Fundamentalanalyse
Zudem ist die chinesische Wirtschaft innovativer, als oft angenommen. Neue, effiziente Geschäftsstrategien und Produktionsprozesse werden sehr schnell umgesetzt. Die gute Infrastruktur und die grosse Masse an Konsumenten ermöglichen auch in Nischenmärkten die rasche Kommerzialisierung neuer Produkte und Geschäftsmodelle. Chinas Netz von Zulieferunternehmen ist weltweit einzigartig gross und vielfältig, und es bietet somit eine gute Grundlage für die Entwicklung und Produktion hochwertiger Güter.
In einem Umfeld unsicherer Wirtschaftsdaten ist eine Bottom-up-Fundamentalanalyse für jeden Investitionsentscheid besonders wichtig. Es genügt nicht, die finanzielle Performance eines Unternehmens zu analysieren. Ein breites Verständnis des operativen Umfelds und der Konkurrenten, Kunden und Zulieferer kann helfen, das Potenzial eines Unternehmens einzuschätzen - ohne dass sich der Investor für den Anlageentscheid zu fest auf möglicherweise unzuverlässige Makrodaten abzustützen muss.
Matthew Sutherland: Head of Product Management Asia, Fidelity International
Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schliesst jegliche Regressansprüche aus.
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