| Experten-Kolumne |
17.11.2025 16:07:19
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Green Bonds: vom Nischenprodukt zum Kernsegment
Der Bedarf an wirkungsvollen Umweltprojekten steigt stetig. Mit ihm entwickelt sich auch der Green-Bond-Markt: er wird breiter und innovativer, bedingt aber nach wie vor einen robusten, sorgfältigen Investitionsprozess.
Seither ist der Bedarf an ökologisch wirksamen Projekten ebenso gestiegen wie die Bereitschaft von Investoren, diese zu finanzieren. Während in der Anfangsphase vor allem erneuerbare Energien und Energieeffizienz im Mittelpunkt standen, rückten zunehmend Dekarbonisierungsvorhaben im Transport- und Bauwesen in den Fokus. Neben klassischen Themen wie intelligenter Energie, grünem Bauen und klimafreundlicher Mobilität gewinnen heute weitere Bereiche an Bedeutung - etwa Biodiversität, Klimaanpassung, Abfall- und Wassermanagement sowie Schadstoffvermeidung.
Trotz wiederkehrender Marktturbulenzen hat sich der Green-Bond-Markt als bemerkenswert widerstandsfähig erwiesen. Selbst im Krisenjahr 2020 blieb das Emissionsvolumen stabil und erreichte später neue Rekordwerte. Nach einem Höchststand 2024 zeigt sich der Markt auch 2025 robust - ein Zeichen für seine gewachsene Reife und das Vertrauen einer breit abgestützten Investorenschaft.
Mehr Vielfalt, mehr Dynamik
Der Markt für nachhaltige Finanzierungen hat sich in den vergangenen zehn Jahren stark ausgeweitet. Neben Green Bonds, deren Emissionserlöse zweckgebunden in ökologisch wirksame Projekte fliessen, sind zahlreiche weitere Instrumente entstanden - etwa Transition Bonds zur Finanzierung von Transformationsprozessen, Social Bonds zur Förderung sozialer Projekte, Sustainability Bonds mit kombinierten Umwelt- und Sozialzielen sowie Sustainability-linked Bonds, deren Konditionen an die Erreichung bestimmter Nachhaltigkeitskennzahlen gebunden sind. Dennoch bleiben grüne Anleihen das zentrale Segment des Marktes für nachhaltig klassifizierte Anleihen.
Entgegen einer weit verbreiteten Annahme konzentriert sich der Markt für grüne Anleihen nicht auf wenige Branchen oder Emittentengruppen. In den frühen 2010er-Jahren waren sie noch ein Nischenprodukt, das vor allem von Entwicklungsbanken und einigen grossen Unternehmen begeben wurde. Heute umfasst das Spektrum jedoch eine breite Palette von Emittenten: Staaten, supranationale Institutionen, Banken, Energieversorger und Unternehmen aus Industrie- und Schwellenländern (vgl. Grafik). Diese zunehmende geografische und sektorale Vielfalt trägt wesentlich zur Risikostreuung und Diversifikation innerhalb der Anlageklasse bei.
Grün ist gut - aber bitte mit Regeln
Die Entwicklung des Marktes zu einem breit aufgestellten Obligationensegment war von politischem Rückenwind, steigender Investorennachfrage und klareren Standards getrieben. Wesentlich dazu beigetragen haben die 2015 von der International Capital Market Association (ICMA) eingeführten Green Bond Principles. Sie definieren Kriterien für Projekte, Lenkungs- und Entscheidungsprozesse (Governance), Mittelverwendung und Wirkungsberichterstattung. Zwar sind sie rechtlich nicht bindend, doch haben sie die Vergleichbarkeit und Glaubwürdigkeit im Markt deutlich gestärkt.
Auch regulatorisch hat sich viel bewegt: Die Europäische Union hat mit ihrem einheitlichen Green Bond Standard und der auf der EU-Taxonomie basierenden Offenlegungspflicht neue Massstäbe für Transparenz gesetzt. Dänemark war jüngst das erste Land, das eine Green Bond-Emission nach EU-Standard aufgelegt hat - ein Signal für Vertrauen in europäische Rahmenwerke.
Weltweit entstehen unterschiedliche Definitionen und Standards, die sich an internationalen und europäischen Regelwerken orientieren. Das macht den Markt komplexer, aber zugleich robuster. Gleichzeitig wächst der Druck, Wirkungsmessung und Berichterstattung stärker zu harmonisieren - und genauer zu bestimmen, was tatsächlich als «grün» gilt.
Herausforderungen und Chancen für die nächste Dekade
Der Markt für grüne Anleihen dürfte mittelfristig weiter wachsen - getrieben von politischen Anreizen, neuen Taxonomien und dem Bedarf an skalierbarer Klimafinanzierung. Neue thematische Schwerpunkte wie Blue Bonds - zur Finanzierung von Projekten im Bereich Süsswasser- und Meeresökosysteme - zeigen, wie sich das Spektrum erweitert.
Dieses Wachstum stärkt die Dynamik der Anlageklasse und fördert die Liquidität sowie den Zugang zu Kapital für Klimaprojekte. Gleichzeitig bleiben Herausforderungen wie unzureichendes Wirkungsreporting und Greenwashing bestehen. Entscheidend ist daher, dass Investitionen auf überprüfbare Projekte mit messbaren Emissionsreduktionen und glaubwürdigen Emittenten zielen.
Künftig wird es vor allem auf stärkere Standardisierung, bessere Impact-Daten und eine engere Verknüpfung mit nachhaltiger Finanz- und Risikosteuerung ankommen. Unter diesen Bedingungen dürften grüne Anleihen auch weiterhin ein zentrales Instrument zur Mobilisierung von Kapital für eine CO2-ärmere und widerstandsfähigere Wirtschaft bleiben - und sich als fester Bestandteil breit aufgestellter Anleiheportfolios etablieren.
Autoren: Johann Plé, Portfolio Manager bei AXA IM
Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schliesst jegliche Regressansprüche aus.
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