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Experten-Kolumne 08.09.2014 09:11:17

Gute Aussichten für europäische Hochzinsanleihen

Kolumne

Der Markt für hochverzinsliche europäische Anleihen konnte seit 2007 ein rasches Wachstum verzeichnen. Sein Volumen hat sich ausgehend von 77 Mrd. EUR im Jahr 2007 mehr als vervierfacht und beträgt aktuell 370 Mrd. Euro.

Dieser Anstieg ist nicht konjunkturbedingt: Das Marktwachstum dürfte sich aufgrund einer strukturellen Veränderung in der Art und Weise, wie sich europäische Unternehmen finanzieren, auch langfristig als nachhaltig erweisen. Strengere Kreditanforderungen und die Zurückhaltung der Banken bei der Kreditvergabe - beides Entwicklungen, die sich dieses Jahr durch die Überprüfung der Asset-Qualität ("Asset Quality Review") und die Bankenstresstests seitens der Europäischen Zentralbank wahrscheinlich verschärfen werden - haben ein Ausweichen auf andere Finanzierungsquellen beschleunigt. Unternehmen werden ihren Finanzbedarf nun eher über den freien Markt als im Rahmen herkömmlicher Bankbeziehungen decken.

Neuemittenten tragen zu Diversität des Marktes bei

Die Zunahme der Erstemittenten am Markt war im vergangenen Jahr beträchtlich. Am Primärmarkt wurden im Jahr 2013 insgesamt Anleihen über eine rekordhohe Summe von 83 Mrd. EUR ausgegeben, wovon 38 % von Erstemittenten stammte. Ein Drittel des aktuellen Marktes - was Anleihen im Wert von über 100 Mrd. EUR entspricht - wird von Unternehmen bestritten, die vor 2010 noch nie als Anleiheemittenten aufgetreten waren. Entsprechend wird der europäische Markt für hochverzinsliche Anleihen tiefer, breiter und liquider und bietet Investoren vielfältigere Möglichkeiten zu einer differenzierten Wertpapierselektion.

Hinsichtlich Kreditqualität bilden Anleihen mit «Single-B»-Rating den am schnellsten wachsenden Marktbereich. Zudem bieten sie eine Anzahl neuer Möglichkeiten quer über die Branchenpositionierung und die geographische Aufstellung hinweg. Es sind kreditintensivere Research-Aktivitäten notwendig, um die «Erfolgsgeschichten» unter diesen Emittenten niedriger Qualität zu identifizieren und die Management-Teams der betreffenden Unternehmen vollkommen zu verstehen. Allerdings winkt eine Zusatzprämie für diese harte Arbeit. Denn mit einer durchschnittlichen Endfälligkeitsrendite von 6 % stellen die Emittenten mit «Single-B»-Rating in einem Umfeld mit insgesamt geringeren Renditen potenziell lohnende Chancen dar.

Zunehmende Nachfrage

Gleichzeitig hat die Nachfrage seitens langfristig orientierter und speziell auf diese Anleihekategorie konzentrierter Investoren in den vergangenen Jahren zugenommen, was mit Blick auf die Zukunft auf eine höhere Stabilität dieser Asset-Klasse hindeutet. Diese Stabilität wurde im Frühsommer 2013 offensichtlich, als am Markt Unsicherheit hinsichtlich eines «Taperings» in den USA vorherrschte. Die Performance des US-Markts für hochverzinsliche Anleihen zeichnete den Zyklus der US-Treasuries nach und entkoppelte sich von derjenigen des europäischen Marktes, zudem geriet sie durch Abflüsse von Investorengeldern unter Druck. Der europäische Markt erwies sich im Gegensatz dazu als belastbar. Strukturelle Wachstumstrends ermöglichen es, dass die Performance der hochverzinslichen europäischen Anleihen durch die ihr eigenen Angebots- und Nachfrage-Charakteristika gestützt wird.

Die verwalteten Vermögen in speziell aufgelegten, hochverzinslichen Euro-Fonds (getrennte Mandate nicht mit eingeschlossen) sind von 10 Mrd. EUR im Jahr 2008 auf 50 Mrd. EUR im Jahr 2013 angewachsen. Allgemein gesprochen, zeigt die institutionelle Nachfrage nach Festverzinslichen keine Anzeichen eines Rückgangs und bleibt ein wichtiger technischer Supportfaktor für den Markt. Der Finanzierungsstand vieler Pensionskassen hat sich durch die starke Performance des Aktienmarkts im Jahr 2013 erhöht. Da die Pensionskassen ihre Verbindlichkeiten gedeckt haben, versuchen sie nun, sich Renditen zu sichern und die Risiken in ihren Portfolios abzubauen. Diese Investoren dürften von den im Vergleich mit anderen Festverzinslichen höheren absoluten Renditen hochverzinslicher Euro-Anleihen angezogen werden.

Die niedrigen Zinssätze und die tiefe Inflation in der Eurozone dürften sich mittelfristig ebenfalls als wichtige zyklische Treiber sowohl des Angebots als auch der Nachfrage erweisen. Im Vergleich mit der Liquiditätsreduktion in den Finanzmärkten durch die Federal Reserve dürfte die niedrige Inflation in der Eurozone das Risikogleichgewicht weiterhin in Richtung einer geldpolitischen Lockerung tendieren lassen. Der Markt für hochverzinsliche Euro-Anleihen besitzt ein kürzeres Durations-Profil als der Markt für hochverzinsliche Anleihen in US-Dollar (3,1 Jahre gegenüber 4,3 Jahren, Stand: 31. Dez 2013) und dürfte von Strategieänderungen der Federal Reserve weniger betroffen sein. Insbesondere Emittenten mit Domizil ausserhalb der EU (einschliesslich Emittenten in den aufstrebenden Märkten) haben im Laufe des vergangenen Jahres zunehmend Anleihen im Euromarkt ausgegeben, um von den tieferen Zinssätzen in Europa zu profitieren.

Stabile makroökonomische Bedingungen

Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen bieten dem Markt für Unternehmensanleihen weiterhin Unterstützung, während die Erholung der europäischen Wirtschaft gemässigt genug bleibt, um Unternehmen davon abzuhalten, sich in risikoreiche Neuverschuldungen zu stürzen. In der Zwischenzeit dürften gesündere wirtschaftliche Rahmenbedingungen die Rentabilität der Unternehmen verbessern, was sich wiederum in einer besseren bilanzwirksamen Liquidität niederschlagen dürfte. Stärkere Unternehmensbilanzen, geringere Ausfallerwartungen und ein breiterer, tieferer Markt haben seit 2008 an den Kreditmärkten für Stabilität gesorgt. Gemäss Moody's betrug die globale Ausfallquote im Jahr 2013 2,6 %, wobei für 2014 mit einem rückläufigen Trend und einer niedrigeren Quote von 2,2 % gerechnet wird (gegenüber einem langfristigen Durchschnitt von 4 % über eine Periode von 15 Jahren bis zum 31. Dezember 2013). In Europa lag die Ausfallquote im vierten Quartal 2013 bei 3.4 %, wobei für 2014 ein Rückgang auf ein Niveau von 1.9 % erwartet wird. Die tiefen Zinssätze haben mitgeholfen, die Anzahl der Ausfälle zu reduzieren, da sich die Unternehmen günstig refinanzieren und die Fälligkeiten verlängern konnten.

Darüber hinaus sind die extremen Risiken der Staatsverschuldungskrise infolge der erfolgreichen Interventionen der EZB aus dem Markt verschwunden. Die Tatsache, dass diese Risiken gegenüber 2011 und 2012 geringeren Einfluss auf die Performance des Marktes für Unternehmensanleihen ausüben, erlaubt es Investoren, sich wieder auf die Bonitätsgrundlagen von Unternehmen als primäre Performancetreiber zu konzentrieren. Die Mehrheit der Endfälligkeitsrenditen umfasst heute den Credit-Spread, wobei die risikofreie Rendite von Staatsanleihen eine anteilsmässig kleine Komponente bildet. Im Jahr 2007, als Investoren vom Rückgang der Zinssätze profitieren konnten, war das Gegenteil der Fall. Im Vergleich zum vorhergehenden Marktzyklus wird die individuelle Wertpapierselektion auf der Basis eines Grundlagen-Research im aktuellen Markt belohnt.

Der Markt für hochverzinsliche Euro-Anleihen ist dynamisch und wird weiterhin wachsen, wobei Investoren die Auswahl aus neuen Branchen und Emittenten haben. Er wird von vielen Investoren zunehmend als strategischer Markt wahrgenommen, der sowohl eine Ertragsquelle als auch ausgewählte Wertzuwachs-Chancen über breitere und vielfältigere Anlagemöglichkeiten hinweg bietet.

Mike Della Vedova - T. Rowe Price, European High Yield Portfolio Manager

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