Börsenausblick |
14.09.2015 06:45:00
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«Zinsanhebung in den USA wäre verfrüht»
Im Vorfeld des US-Zinsentscheids bleibe die Stimmung an den Finanzmärkten angespannt, sagt Julius-Bär-Ökonomin Stephanie Lindeck. Trotzdem bietet die Situation auch Chancen.
Was beschäftigt derzeit die Börsen?
Stephanie Lindeck*: Die Stimmung an den Finanzmärkten bleibt im Vorfeld der US-Zinsentscheidung äusserst angespannt. Die Ungewissheit und eine sich abschwächende Dynamik der Weltwirtschaft sorgen für hohe Preisschwankungen an den Finanzmärkten. Auf Wochensicht befanden sich die meisten Aktienmärkte am vergangenen Freitag zwar im Plus. Die extremen Schwankungen am japanischen Aktienmarkt lassen jedoch erahnen, wie angespannt die Stimmung tatsächlich ist. Die japanische Wirtschaft ist nach wie vor fragil und eng mit der chinesischen verknüpft: Fast die Hälfte der Exporte geht nach China. Die japanische Zentralbank hat weitere monetäre Massnahmen in Aussicht gestellt, was die Märkte stabilisieren konnte. Es spricht somit viel dafür, dass auch in den kommenden Wochen die Geldpolitik der grossen Zentralbanken der wesentliche Taktgeber der Finanzmärkte bleiben wird.
Wie wird sich die Schweizer Börse kurzfristig entwickeln?
Die anstehende Entscheidung der Fed am 17. September wird auch die Schweizer Börse in dieser Woche volatil halten, aber nur ein unterschreiten von 8,100 dürfte das Tor für nachhaltige Rückgänge öffnen. Auf Dreimonatssicht betrachtet erwarten wir, dass der SMI die Konsolidierungsphase allmählich beendet und seinen langfristigen Aufwärtstrend zum Ende des Jahres fortsetzen wird.
Wo steht der SMI in 12 Monaten?
In zwölf Monaten erwarten wir einen Anstieg bis auf 9500 Punkte, im relativen Vergleich mit anderen Ländern bleibt unser Rating aber dennoch (nur) neutral.
Wo sehen Sie Chancen?
Chancen ergeben sich vor allem dort wo eine positive Dynamik des Wirtschaftswachstums und eine grosszügige Geldpolitik der Zentralbank zusammentreffen. Dies ist derzeit in der Eurozone der Fall. Eine hohe Dynamik weisen dabei insbesondere Spanien und Italien auf. Gleichzeitig ist hier das Gewicht der Unternehmen mit einer starken Exportorientierung im Vergleich zu anderen europäischen Aktienmarktindizes als niedrig einzustufen, was sie gegenüber externen Schocks und einer weiteren Wachstumsverlangsamung in den Schwellenländern weniger anfällig macht.
Wann kommt die Zinswende in den USA und was bedeutet das für die Märkte?
Analysten sind geteilter Meinung. Etwa die Hälfte glaubt an eine Zinserhöhung im September, im Handel mit Futures wird eine Wahrscheinlichkeit von 28% eingepreist. Gemessen an der Overnight-Interest-Swap-Kurve positionieren sich die Märkte dagegen für Januar, vor einem Monat war es noch Dezember. Ein Grund, aus dem die US-Notenbank eine Zinserhöhung verschieben könnte, sind die Verwerfungen an den Kapitalmärkten der letzten Wochen. Eine solche Einschätzung impliziert einen negativen Gesundheitszustand der Weltwirtschaft und könnte dazu führen, dass sich die Verluste an den Kapitalmärkten ausweiten. Sollte die Fed die Zinsen dagegen erhöhen, wird die Aussicht auf höhere Zinsen die Lage an den Kapitalmärkten ebenso verschlechtern. Wir halten eine Zinsanhebung in den USA für verfrüht, glauben aber, dass die Fed ihr Vorhaben noch dieses Jahr durchführen wird.
Von welchem Investment sollten Anleger die Finger lassen?
Die seit 2009 bestehende Niedrigzinspolitik der Federal Reserve (Fed), die mit ihren Vorgaben die Anleihenmärkte weltweit leitet, hat die Risikoaversion internationaler Anleger gemildert. Auf der Suche nach Rendite ist viel Kapital in Schwellenländer geflossen und hat die Zinsen gedrückt. In der Folge sind Überkapazitäten und Fehlinvestitionen entstanden, die unter anderen Umständen nicht finanzierbar gewesen wären. Dies gilt sowohl auf Unternehmensebene als auch auf für den Staatssektor. Ein wichtiger Indikator für die Anfälligkeit der einzelnen Schwellenländer in diesem Umfeld ist eine defizitäre Leistungsbilanz. Zu den Ländern mit einem ausgeprägten Defizit zählen die Türkei, Indonesien, Brasilien, Mexiko und Südafrika. Als Anhaltspunkt für die Tilgungsfähigkeit der Auslandsschulden wird gern herangezogen, wie viele reale Güter in Form von Exporten den Schulden gegenüberstehen. Einige Länder werden die mögliche Zinserhöhung durch die Fed jedoch besser überstehen als andere, nicht zuletzt weil sie im Zuge der letzten Korrektur 2013 wichtige Reformen in die Wege geleitet haben. Hierzu zählen beispielsweise Mexiko und Indien. In Brasilien, Russland, Südafrika oder der Türkei ist dagegen noch wenig geschehen und lediglich hohe Risikoabschläge könnten ein Grund sein dort zu investieren.
*Stephanie Lindeck ist seit 2012 als Ökonomin bei der Bank Julius Bär tätig. Zuvor arbeitete sie in verschiedenen Projekten und Positionen in der Abteilung für Angewandte Ökonometrie und Internationale Wirtschaftspolitik an der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt.
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Zins-Wahnsinn 2025: Europa senkt, USA zögert – Invest 2025 mit Thomas Gitzel
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Wie entwickelt sich die Zinspolitik in der Schweiz, Europa und den USA? Welche Rolle spielt die Inflation und was bedeutet das für Anlegerinnen und Anleger? Im exklusiven Interview spricht Thomas Gitzel live von der Invest 2025 in Stuttgart über:
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🔹 Zinsentwicklung & Inflation in der Eurozone
🔹 Herausforderungen für die EZB
🔹 Zinspolitik der US-Notenbank Fed unter politischem Druck
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