"Too big to fail" |
16.03.2023 17:51:00
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CS-Aktie mit zweistelligem Kurssprung: Credit Suisse leiht sich Milliardenbetrag von der SNB

Nach dem massiven Absturz ihrer Aktie vom Vortag leiht sich die Credit Suisse bis zu 50 Milliarden Franken von der Schweizerischen Nationalbank (SNB).
Die Inanspruchnahme der SNB-Kredite im Rahmen eines besicherten Darlehens (Covered Loan Facility) sowie von kurzfristigen Liquiditätskrediten diene der "präventiven Stärkung" der Liquidität, teilte die Credit Suisse in der Nacht auf den Donnerstag mit. Dies unterstütze die Kerngeschäfte der CS und die Kunden der Grossbank. Die Darlehen würden vollständig mit "hochqualitativen Vermögenswerten" abgesichert, heisst es in der CS-Mitteilung.
Zudem kündigt die Credit Suisse ein Rückkaufangebot von US-Schuldpapieren im Wert von insgesamt 2,5 Milliarden Dollar an. Parallel dazu werde sie ein Rückkaufangebot für auf Euro laufende Schulden im Wert von rund 500 Millionen Euro vorlegen - beide Angebote gelten bis am kommenden Mittwoch. Die Grossbank kann damit von den tiefen Bewertungen der Schuldpapiere an den Finanzmärkten profitieren, sie wolle aber auch ihre Zinsausgaben "optimieren", wie sie schreibt.
Liquidität stärken
Mit der Inanspruchnahme der SNB-Fazilität im Rahmen der "Covered Loan Facility" in Höhe von 39 Milliarden Franken werde die Liquiditätsquote nun unmittelbar gestärkt, betonte die Credit Suisse in der Mitteilung weiter. Die Liquiditätsquote (LCR) habe per Dienstag bei 150 Prozent gelegen - dies nach 144 Prozent per Ende Jahr. Verlangt wird vom Regulator eine LCR von 100 Prozent.
Gleichzeitig sei die CS gegenüber langfristigen Zinsrisiken "konservativ positioniert", heisst es weiter. So sei das Volumen an längerfristig laufenden festverzinslichen Wertpapieren "nicht materiell" im Vergleich mit dem gesamten Portfolio an hochliquiden Vermögenswerten. Zudem seien diese Papiere gegen Zinsschwankungen vollständig abgesichert. Die US-Bank SVB war nicht zuletzt wegen einem hohen Altbestand an relativ niedrig verzinsten Wertpapieren in Schwierigkeiten geraten.
Fortschritte bei Umbau
Die CS-Verantwortlichen betonten in der Mitteilung erneut die Fortschritte bei der tiefgreifenden Restrukturierung der Bank. Im Rahmen des Umbaus der Investment Bank sei der Ausstieg aus dem Geschäft mit verbrieften Produkten (Securitized Products Group, SPG) zu 70 Prozent umgesetzt. Gleichzeitig habe sie das Kostensparprogramm noch beschleunigt: Die CS sei gut unterwegs, ihre Kostenbasis bis 2025 um 2,5 Milliarden zu reduzieren. Im laufenden Jahr 2023 sollen die Kosten um 1,2 Milliarden verringert werden.
Die SNB hatte am Mittwochabend mitgeteilt, der CS bei Bedarf Liquidität zur Verfügung zu stellen. In dem gemeinsam mit der Finma veröffentlichten Communiqué betonten die Aufsichtsbehörden zudem, dass die Grossbank die an systemrelevante Banken gestellten Anforderungen an Kapital und Liquidität erfülle. Finma und SNB verfolgten die Entwicklungen sehr genau und stehen mit dem Eidgenössischen Finanzdepartement zwecks Sicherung der Stabilität des Schweizer Finanzsystems im engen Kontakt.
Am Mittwoch war die CS-Aktie im Handelsverlauf zeitweise um bis zu 30 Prozent abgesackt und hatte ein Allzeittief von 1,55 Franken erreicht. Ausgelöst wurde der Kursrutsch am Mittwochvormittag von Aussagen des saudischen Grossaktionärs Saudi National Bank (SNB). Deren Präsident Ammar Al Khudairy schloss in einem Interview weitere Finanzhilfen für die Schweizer Bank aus.
CS-Grossaktionär erwartet keine neue Kapitalaufnahme der Credit Suisse
Der saudische CS-Grossaktionär Saudi National Bank glaubt nicht, dass die Credit Suisse weiteres Kapital benötigt. Auch die Schweizerische Nationalbank habe bestätigt, dass die CS gut kapitalisiert sei, sagte Ammar Al Khudairy, Präsident der saudischen Bank, in der Nacht zum Donnerstag in einem Interview mit dem US-Sender CNBC.
Der massive Kursabsturz der CS-Aktie vom Vortag reflektiere eher die Fragilität des gesamten Markts, sagte Al Khudairy, Präsident der saudischen Bank. Allerdings sei die Panik im Markt "vollkommen ungerechtfertigt" sowohl bezüglich der Schweizer Grossbank wie auch bezüglich des gesamten Marktes, gab er sich überzeugt. Gleichzeitig erklärte er aber auch erneut, dass die Saudi National Bank ihre Beteiligung an der CS nicht über 9,9 Prozent ausbauen werde.
Der saudische Bankpräsident verwies auf den seines Erachtens "isolierten Vorfall" um die US-Bank SVB von vergangener Woche, bei der der Regulator die Ansteckung unterbunden habe. Es gebe absolut keine Situation wie bei der Finanzkrise von 2008, gab er sich überzeugt.
Der CS-Aktienkurs war am Mittwoch wegen Sorgen der Anleger um eine Schieflage der Bank zeitweise bis 30 Prozent abgesagt und hatte am Abend um 24 Prozent im Minus geschlossen. Der Kurssturz der als global systemrelevant geltenden Bank hatte weltweit Schockwellen an den Aktienmärkte ausgelöst. Die SNB hatte am Mittwochabend mitgeteilt, der CS Liquidität zur Verfügung zu stellen. Die Grossbank hatte umgehend die Beanspruchung eines SNB-Darlehens über 50 Milliarden Franken angekündigt.
Bundesrat trifft sich wegen Credit-Suisse-Debakel zu Sondersitzung
Die Schweizer Landesregierung will noch am Donnerstag eine Sondersitzung zur Situation bei der Grossbank Credit Suisse abhalten. Dies haben gut unterrichte Quellen in der Bundesverwaltung der Nachrichtenagentur Keystone-SDA bestätigt.
Der Bundesrat treffe sich zu einer ausserordentlichen Sitzung, um über die angeschlagene Schweizer Grossbank zu diskutieren, hiess es. Ob die Regierung Beschlüsse fällen wird, war zunächst unklar.
Die Landesregierung hielt es demnach für dringend, sich bereits am Donnerstag zum Thema zu treffen. Einen Tag später, am Freitag, ist die nächste ordentliche Sitzung des Bundesrats geplant.
In der Nacht zum Donnerstag kündigte die Credit Suisse an, sich bis zu 50 Milliarden Franken von der Schweizerischen Nationalbank (SNB) leihen zu wollen. Durch diesen Schritt solle die Bank "gestärkt" werden, teilte das Institut mit. Zu Handelsbeginn legte die Aktie des Schweizer Instituts am Donnerstagmorgen dann wieder kräftig um über 30 Prozent zu.
Credit Suisse: Politik lobt Einschreiten der Nationalbank
Parlamentsangehörige haben die Unterstützung der Schweizerischen Nationalbank (SNB) für die Grossbank Credit Suisse (CS) am Donnerstag gutgeheissen. Dieser Eingriff wirke dem Vertrauensverlust entgegen. Die SP forderte, die Kursgewinne dürften nicht die Aktionäre einstreichen.
SP-Co-Präsident und Nationalrat Cédric Wermuth (AG) verlangte in einer Generalschelte an die Adresse der Bank vor den Medien in Bern, dass die realisierten Gewinne an der Börse in einer noch offenen Form an die Allgemeinheit als Eignerin der Notenbank zurückfliessen. Vorstellbar wäre dabei etwa die Beteiligung der SNB an der CS. Es gehe nicht an, dass sich Aktionäre auf Kosten der Bevölkerung schadlos halten.
Nationalrätin Prisca Birrer-Heimoz (SP/LU) forderte, dass das Parlament endlich einen Vorstoss für ein Bonusverbot bei systemrelevanten Banken mit Quasi-Staatsgarantie behandelt. Das CS-Debakel sei Folge eines seit der Bankenkrise 2008 nicht erfolgten Kulturwandels bei den Boni. Das Einschreiten der SNB hiess die SP gut.
Vertrauensverlust abfangen
Thomas Matter (SVP/ZH), Nationalrat und selber Bankier, sagte auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA, die CS habe ein Vertrauens- aber kein Solvenzproblem. Das habe zu einem digitalen Bank-Run geführt.
Richtigerweise habe nun die Nationalbank eingegriffen. Deren Aufgabe sei neben der Preisstabilität auch die Erhaltung der Finanzmarktstabilität. Für Staatshilfe an die Bank sieht Matter derzeit keinen Anlass.
FDP-Nationalrätin und Vize-Fraktionspräsidentin Daniela Schneeberger (BL) teilte die Einschätzung als Vertrauensproblem der CS. SNB und Finanzmarktaufsicht (Finma) hätten das Nötige getan. Eine Rettungsaktion durch den Staat wie für die UBS in der Finanzkrise 2008 hält auch sie nicht für nötig.
Der Glarner Mitte-Nationalrat Martin Landolt bezeichnete das Einschreiten von SNB und Finma als "extrem wertvoll und vertrauensbildend". Grundsätzlich sei der Mechanismus zur Krisenbewältigung bei einer als "too big to fail" eingestuften Bank vorbereitet und könnte notfalls ausgelöst werden.
Nationalrat Gerhard Andrey (Grüne/FR) bezeichnete die SNB-Finanzspritze als regelkonform. Die Frage stelle sich aber, weshalb die CS nach der Finanzkrise in ein derartiges Debakel lief. Enforcement-Verfahren seien folgenlos geblieben, ein Kulturwandel nicht sichtbar. Es brauche stärkere Regeln, damit die Beteiligten auf höchster Ebene zu ihrer Verantwortung stehen müssen.
Lage anders als 2008
Hysterie sei fehl am Platz und weitere Schritte derzeit dank den Vorschriften für systemrelevante Banken nicht nötig, sagte Jürg Grossen, der Präsident der Grünliberalen Partei (GLP) und Nationalrat (BE). Nach der SNB-Zusage, die CS zu stützen, sollte sich die Situation stabilisieren.
Die Kapitalabdeckung der CS sei aktuell dreimal so hoch wie bei der Finanzkrise 2008, erklärten Schneeberger, Matter, Landolt und Grossen. Die Eigenmittelanforderungen seien erfüllt und auch die Liquidität sichergestellt.
Überhaupt unterscheide sich die Situation von jener der UBS, welche der Bund in der Finanzkrise 2008 retten musste, sagten die bürgerlichen Befragten. Interventionen per Notrecht dürften sich erübrigen, sagte Andrey von den Grünen.
Die CS müsse jetzt ihr Vertrauensproblem lösen, verlangte Matter. Und das sei nur durch eine permanente und transparente Kommunikation möglich. Transparenz forderte auch die SP, und zwar bei allen Aspekten, die zum aktuellen Debakel führten.
SP will CS-Kursgewinne nach Nationalbank-Intervention abschöpfen
Dank eines Kreditrahmens der Schweizerischen Nationalbank hat sich der Börsenkurs der Grossbank Credit Suisse stabilisiert. Da die Nationalbank eigentlich dem Volk gehört, will die SP die Kursgewinne auf noch ungeklärte Art abschöpfen.
SP-Co-Präsident und Nationalrat Cédric Wermuth (AG) las der Credit Suisse am Donnerstagmittag vor den Medien in Bern die Leviten. Beschattungsskandal, Hypothekenstreit, Archegos-Zusammenbruch, Geldwäschereibetrug, Streit mit der US-Börsenaufsicht, Greensill-Skandal: Es sei höchst bedenklich, was einem die Grossbank zumute.
Die CS-Aktionäre müssten ebenso wie die Bankführung Verantwortung übernehmen. Es gehe nicht an, dass sie Börsenverluste einfach via die Nationalbank nationalisieren würden, um sich auf dem Buckel der Bevölkerung schadlos zu halten.
Der dank dem Nationalbankdarlehen zustande gekommene Kursanstieg müsse auch an diese zurückfliessen. Die vier Prozent Zinsen für Darlehen reichten da nicht. Eine Abgeltung sei fällig. Unter anderem könnte sie in Form einer Kapitalbeteiligung der Nationalbank an der CS erfolgen. Der Bundesrat müsse hier Lösungen vorlegen.
Wermuth kritisierte, dass für Banken in der Schweiz immer Geld da sei, Anliegen der Bevölkerung wie Prämienverbilligung, Inflationsdämpfung und Teuerungsausgleich aber regelmässig zu kurz kämen. Nur 15 Jahre nach der Rettung der Grossbank UBS solle der Bundesrat dem Volk erklären, warum immer es den Gürtel enger schnallen soll.
Bonusverbot bei Systemrelevanz
SP-Nationalrätin Prisca Birrer-Heimoz (LU), erklärte, die Partei stelle sich nicht gegen den Kreditrahmen der SNB für die CS. Die Garantie eines stabilen Finanzmarkts sei Pflicht der Notenbank. Die SP wolle aber erfahren, wie es überhaupt zum Debakel kam und ob die Finanzmarktaufsicht richtig reagierte.
Das Parlament müsse Forderungen der SP wie das Bonusverbot für systemrelevante Banken mit Quasi-Staatsgarantie endlich traktandieren und behandeln. Das CS-Debakel sei auch eine Folge der verfehlten Bonuskultur.
Der Waadtländer Nationalrat Samuel Bendahan kündigte Vorstösse zur Klärung der von den Banken zulasten des Bundes verursachten Kosten an. Die Schweizer Volkswirtschaft sei durch die Banken ständigen Risiken ausgesetzt. SP-Fraktionspräsident Roger Nordmann unterstrich, es gehe nicht an, dass die Bevölkerung den Schaden trage und die Verantwortlichen unbeschadet davonkommen.
CS: Rückzahlungen an Greensill-Investoren stagnieren bei 6,80 Milliarden Dollar
Die Investoren der von der Credit Suisse aufgelegten "Greensill-Fonds" haben laut neuen Angaben der Grossbank per 7. März insgesamt 6,80 Milliarden Dollar der investierten 10 Milliarden zurückerhalten. Dieser Betrag ist unverändert zur letzten Wasserstandsmeldung von Mitte Februar.
Die gesamten im Rahmen der Liquidation der "Lieferketten-Finanzierungsfonds" bisher zurückerhaltenen Mittel beziffert das CS Asset Management in einem Update ihrer Investoren-Information vom Donnerstag ebenfalls unverändert auf 7,4 Milliarden Dollar. Das entspricht 74 Prozent der Fondsmittel zum Zeitpunkt der Suspendierung.
Aktuell sind von den vier betroffenen Fonds zwei bereits vollständig zurückbezahlt. Die rund 0,6 Milliarden noch nicht zurückbezahlten Mittel teilen sich auf den 'Credit Suisse (Lux) Supply Chain Finance Fund' (0,4 Mrd.) und den 'Credit Suisse Nova (Lux) Supply Chain Finance High Income Fund' (0,2 Mrd).
Für die Abwicklung dieser beiden Fonds wird mit Kosten von rund 307 Millionen Dollar gerechnet. Gedeckt sind dabei Kosten bis ins Jahr 2026 - was aus buchhalterischen Gründen erforderlich sei. Das CS Asset Management arbeite weiterhin aktiv an der Rückerhaltung von Mitteln, heisst es.
Die CS hatte im Frühling 2021 mitgeteilt, die gemeinsam mit der inzwischen insolventen Greensill Capital geführten "Lieferketten-Finanzierungs-Fonds" mit einem Fondsvermögen von rund 10 Milliarden Dollar zu liquidieren. Die Fonds investierten in Forderungen von Zulieferern an Unternehmen: Statt auf die Bezahlung einer Lieferung zu warten, verkauften die Lieferanten die Forderung mit einem Abschlag an Greensill Capital, welche sie bündelte und in Anlagefonds einbrachte.
Bankenexperten sehen Probleme der Credit Suisse keineswegs gelöst
Die Probleme der Credit Suisse sind für Bankenexperten trotz der Hilfestellung der Schweizerischen Nationalbank noch lange nicht gelöst. Erst die kommenden Tage würden zeigen, ob dank dem SNB-Kredit von 50 Milliarden Franken der Vertrauensverlust in die angeschlagene Grossbank tatsächlich aufgehalten werden könne, sagt etwa der Bankenprofessor Teodoro Cocca von der Universität Linz.Benötige eine Bank eine solche Kreditlinie der Nationalbank, so bedeute das zwei Dinge, sagte Cocca im Interview mit der Nachrichtenagentur AWP: Erstens habe sich die CS offenbar selbständig am Markt nicht mehr genügend Liquidität verschaffen können, weil die anderen Banken ihr nicht mehr trauten. Zweitens benötige die Bank auch Liquidität, um die sehr wahrscheinlich bedeutenden Geldabflüsse der Kundeneinlagen stemmen zu können. "Das sind alles klare Anzeichen einer Notlage."
Mit der Liquiditätsspritze der SNB rette sich die CS nun "zunächst ins Wochenende", so Cocca. "Nimmt man den Geldabfluss im letzten Herbst zum Massstab, dann sollte die Geldspritze der Notenbank jedenfalls für vier bis fünf Wochen reichen." Wie sich der Geldabfluss und die Liquiditätsposition entwickelten, sei derzeit von aussen allerdings nicht leicht zu beurteilen.
Verkauf nicht vom Tisch
Die Unterstützung der SNB dürfte immerhin dazu beitragen, das Vertrauen der Aktionäre sowie der Kunden wieder "etwas zurückzugewinnen", hofft Wirtschaftsprofessor Sergio Rossi von der Universität Freiburg, wie er im Gespräch mit der AWP sagt. Es seien diese beiden Säulen, an denen angesetzt werden müsse. "Aber selbst mit dem SNB-Kredit wird die Credit Suisse nicht alle ihre Probleme in einer Woche gelöst haben", meint auch Rossi.
Auch eine Aufspaltung oder ein Verkauf der CS dürfte nicht vom Tisch sein. Allerdings sei die Credit Suisse für einen Käufer in ihrer jetzigen Form nicht interessant, glaubt der Freiburger Professor: "Es sei denn, man könnte den faulen Teil der Bank aufgeben und den profitablen Teil behalten." Den "faulen Teil" sieht er in einem grossen Teil des Investmentbankings, an dem die CS in der Vergangenheit stets festgehalten hatte.
Heikle Einlagensicherung
Nur beschränkt Vertrauen zeigt der Freiburger Professor in die Einlagensicherung: Der Betrag von 100'000 Franken pro Kunde und Bank für die Einlagensicherung sei nur ein theoretischer Wert, da der von allen Banken zu diesem Zweck gefüllte Fonds derzeit eine Summe von etwa 8 Milliarden Franken abdeckt, so Rossi.
"Wenn ein Konkurs der Credit Suisse beispielsweise diese Summe übersteigt, ist dieser Überschuss nicht gesichert." Das Problem werde noch grösser, wenn ein Ausfall der Credit Suisse auch andere Banken in den Abgrund reisse.
DIW erwartet grosse Verluste auch bei einigen deutschen Banken
Die Zinswende wird aus Sicht des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) auch Banken in Deutschland belasten. Es sei "sehr wahrscheinlich, dass auch im Euroraum und in Deutschland einige Banken durch den starken Zinsanstieg grosse Verluste realisieren werden, ähnlich wie in den USA und nun die Credit Suisse in der Schweiz", teilte Institutspräsident Marcel Fratzscher am Donnerstag mit. Hintergrund ist der Kollaps mehrerer kleinerer US-Banken und Sorgen um die Schweizer Grossbank.Aus Fratzschers Sicht gefährden die Zinserhöhungen nicht nur die Finanzstabilität, sondern schwächen auch die Wirtschaft. "Die Europäische Zentralbank (EZB) muss aufpassen, dass sie den Bogen nicht überspannt", empfahl der Ökonom. Von zu starken Zinserhöhungen gehe nun ein grösseres Risiko aus als von zu geringen.
Der EZB-Rat hatte am Donnerstag den Leitzins im Euroraum um weitere 0,5 Prozentpunkte auf 3,5 Prozent erhöht. Mit der sechsten Zinserhöhung in Folge behielt sie trotz der Turbulenzen im Bankensektor ihren Kurs im Kampf gegen die hohe Teuerung bei.
Die EZB müsse abwägen zwischen Preisstabilität und Finanzstabilität, erklärte Fratzscher. "Aus dieser Perspektive hat die EZB klug gehandelt." Hätte sie die Zinsen jetzt weniger stark erhöht, hätte das aus Sicht des Ökonomen "als ein Signal der Sorge" um europäische Banken eine Korrektur an den Kapitalmärkten auslösen können.
So reagiert die Credit Suisse-Aktie
Die milliardenschwere Hilfestellung der Schweizerischen Nationalbank (SNB) lässt die Aktien der Credit Suisse am Donnerstag wieder steigen. Die Nationalbank hatte am Mittwochabend angekündigt, der angeschlagenen Grossbank Liquidität zur Verfügung zu stellen. Die CS gab in der Folge noch in der Nacht die Aufnahme eines SNB-Kredits über 50 Milliarden Franken bekannt.
Die CS-Aktien notierten am Donnerstag letztendlich um 19,15 Prozent im Plus auf 2,022 Franken. Am Vortag hatte sie noch um 24 Prozent nachgegeben hatten und zeitweise einen neuen Tiefstwert von 1,55 Franken erreicht. Allerdings bleiben die CS-Titel weiterhin klar unter dem Schlusskurs vom Dienstagabend von 2,24 Franken. Auch weitere Bankentitel, wie die am Vortag klar gesunkenen UBS und Julius Bär, zeigen am Donnerstag eine Erholungsbewegung.
Sorgen um eine Schieflage der international tätigen Grossbank hatte am Mittwoch nicht nur die CS-Aktien massiv in die Tiefe gezogen, sondern Bankentitel weltweit belastet. Auslöser waren Aussagen des saudischen CS-Grossaktionärs gewesen, der weitere Kapitalzuschüsse an die als "global systemrelevante" geltende CS ausgeschlossen hatte. Die Äusserungen fielen in ein Marktumfeld, das von den Problemen der Silicon Valley Bank und weiterer US-Regionalbanken stark verunsichert ist.
Liquidität stärken
Die Credit Suisse begründete die Aufnahme des SNB-Kredits über 50 Milliarden am Donnerstag mit der "präventiven Stärkung" der Liquidität. Gleichzeitig kündigte sie den Rückkauf von Anleihen im Volumen von drei Milliarden Franken an, womit sie auch ihre Finanzierungskosten weiter senken dürfte. "Mit diesen Massnahmen stärken wir die Credit Suisse im Rahmen unseres strategischen Wandels", sagte Bankchef Ulrich Körner in der Mitteilung.
Die Grossbank leidet seit einiger Zeit unter anhaltenden Vermögensabflüssen. Im vierten Quartal 2022 hatten Kunden fast 111 Milliarden Franken abgezogen, wobei ein grosser Teil davon vergangenen Oktober nach Gerüchten um eine Schieflage der Bank abflossen. Wie hoch die Vermögensabflüsse und Geldrückzüge in der laufenden Woche sind, wollte die CS am Donnerstag nicht kommentieren.
Schwierige Geldbeschaffung
Die Bank benötige die Liquidität wohl zumindest in Teilen, um die "wahrscheinlich bedeutenden Abflüsse an Kundeneinlagen" überhaupt stemmen zu können, sagte auch Bankenprofessor Teodoro Cocca von der Universität Linz gegenüber der AWP. Zudem habe die Credit Suisse wohl am Markt nicht mehr genügend Liquidität beschaffen können, weil ihr die anderen Banken nicht mehr trauten, so der aus der Schweiz stammende Bankenexperte.
Nicht einfacher wird in der angespannten Situation auch der tiefgreifende Umbau, den die CS durchführen muss. Das Management der Grossbank betonte am Donnerstag erneut die bereits erreichten Fortschritte. So komme sie bei der Restrukturierung der Investment Bank voran und habe das Kostensparprogramm noch beschleunigt, hiess es.
Vertrauen wiederherstellen
Ob der Milliardenkredit das Vertrauen der Investoren aber auch der Bankkunden wiederherstellt, muss sich nun erst zeigen. Vontobel-Analyst Andreas Venditti sprach immerhin von einem "starken und wichtiges Signal": Er hoffe, dass damit die Negativspirale durchbrechen werde. Es werde jedoch Zeit brauchen, um das Vertrauen in die Marke Credit Suisse zurückzugewinnen.
Auch für die Politik bleibt die Credit Suisse ein Thema. Laut Informationen der Nachrichtenagentur Keystone-SDA wollte sich der Bundesrat noch am Donnerstag zu einer ausserordentlichen Sitzung zur CS-Situation treffen. Ob die Regierung Beschlüsse fällen wird, war zunächst unklar.
Die Credit Suisse hatte 2022 mit einem Jahresverlust von 7,3 Milliarden Franken ihr schlimmstes Jahr seit der Finanzkrise von 2008 erlebt. Bereits 2021 war die CS nach den Debakeln um den Zusammenbruch des Hedgefonds Archegos und die Liquidierung der Greensill-Fonds tief in die Verlustzone geraten. Auch für 2023 hat die Bank wegen der hohen Kosten für die Restrukturierung erneut rote Zahlen prognostiziert.
tp/gab
Zürich (awp/sda/afp)
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