Abflüsse von Kundenvermögen |
09.02.2023 17:52:00
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Credit Suisse-Aktie stürzt erneut ab: CS schliesst 2022 mit hohem Milliardenverlust ab - CS-Bonustopf wird gekürzt

Die Credit Suisse schliesst das Jahr 2022 nach weiteren tiefroten Zahlen im vierten Quartal mit einem hohen Milliardenverlust ab.
Für das Gesamtjahr 2022 resultierte ein Verlust von 7,3 Milliarden Franken, wie sie am Donnerstag mitteilte. Geprägt war das Jahr von stark schrumpfenden Erträgen, aber auch von Restrukturierungen und Führungswechseln. Bereits 2021 hatte die zweitgrösste Schweizer Bank nach den Debakeln um den Zusammenbruch des Hedgefonds Archegos und die Liquidierung der Greensill-Fonds einen Jahresverlust von 1,6 Milliarden Franken geschrieben.
Angekündigter Quartalsverlust
Im vierten Quartal 2022 alleine erlitt die Credit Suisse einen Verlust von 1,4 Milliarden Franken. Neben erneuten hohen Kosten und Wertberichtigungen für die laufende Restrukturierung wurde das Resultat unter anderem durch einen hohen Verlust der Investment Bank belastet. Der Vorsteuergewinn betrug 1,3 Milliarden Franken und lag damit etwas unter der Ankündigung der CS vom November 2022.
Einen noch höheren Jahresverlust als im Jahr 2022 hatte die Credit Suisse lediglich in der Finanzkrise 2008 geschrieben: damals hatte gar ein Verlust von 8,2 Milliarden resultiert.
Abzug von Kundengeldern
Wie bereits im November angekündigt, kam es im Herbst zu massiven Abzügen von Kundengeldern nach Gerüchten um eine Schieflage der Bank. Insgesamt hat die Credit Suisse im Schlussquartal nun Netto-Geldabflüsse von 110,5 Milliarden Franken hinnehmen müssen. Ein Grossteil davon (86 Mrd) war bereits in den ersten zwei Oktoberwochen abgeflossen.
Die verwalteten Vermögen schrumpften entsprechend weiter und lagen zum Jahresende bei 1294 Milliarden Franken. Per Ende 2021 hatte die Grossbank noch Vermögen in Höhe von 1614 Milliarden verwaltet.
Die Liquiditätsquote (Liquidity Coverage Ratio, LCR) liegt gemäss der Grossbank nun wieder bei einem Wert von 144 Prozent. Im Quartalsverlauf war sie wegen hohen Geldabflüssen aufgrund der negativen Gerüchte stark abgesackt. Zum Vergleich: im dritten Quartal 2022 wies die CS für die LCR noch einen Wert von 192 Prozent aus.
Gesunkene Erträge
Der Nettoertrag im Schlussquartal lag mit 2,9 Milliarden Franken um einen Drittel tiefer als noch im gleichen Vorjahreszeitraum. Besonders deutlich sackten die Erträge in der Investment Bank ab, aber auch in der Vermögensverwaltung und selbst in der Schweizer Bank nahm die CS weniger ein. Auch im Gesamtjahr 2022 ging der Nettoertrag um rund einen Drittel zurück.
Der Geschäftsaufwand verminderte sich im Schlussquartal zum Vorjahreszeitraum um 31 Prozent auf 4,3 Milliarden Franken. Im Gesamtjahr 2022 sanken die Kosten allerdings mit einem Minus von 5 Prozent deutlich weniger stark.
Die Aktionäre erhalten trotz des massiven Verlusts eine Dividende von 5 Rappen je Aktie nach 10 Rappen im Jahr davor. Mit den Verlustzahlen hat die Grossbank etwas weniger schlecht abgeschnitten als von den Analysten im Schnitt erwartet.
Auch 2023 rot erwartet
Die CS versichert derweil in der Mitteilung, dass die Umsetzung der strategischen Transformation rasch voranschreite. Entsprechend würden die Ziele bestätigt, die die Grossbank im Oktober 2022 genannt hatte.
Wegen des schwierigen Marktumfelds und den Restrukturierungen dürfte das Wealth Management und die Investment Bank auch im ersten Quartal in den roten Zahlen bleiben. Auch für das Gesamtjahr 2023 erwartet die Credit Suisse einen "erheblichen" Vorsteuerverlust", dies wegen den negativen Auswirkungen des Ausstiegs aus mehreren Geschäftsbereichen und dem Aufwand für die Restrukturierung der Gruppe. Den Restrukturierungsaufwand für 2023 beziffert das Management weiter auf rund 1,6 Milliarden Franken. In 2024 sollen es dann noch 1,0 Milliarden sein.
Credit Suisse treibt Umbau voran - Kauf der Klein Group
Die Credit Suisse treibt den vor einigen Monaten angekündigten Umbau voran. Die Bank spricht von "sehr guten Fortschritten" bei der Umsetzung der strategischen Prioritäten.
Ein wichtiger Punkt bei der Restrukturierung der zweitgrössten Schweizer Bank ist die Ausgliederung des Kapitalmarkt- und Beratungsgeschäft CS First Boston als unabhängige Gesellschaft mit Sitz in den USA. Die CS erwirbt in diesem Zusammenhang wie erwartet die Klein Group LLC für rund 175 Millionen US-Dollar. Die Klein Group ist eine Investmentboutique mit 40 Mitarbeitenden, gegründet und geführt von Michael Klein, notabene bis vor kurzem Verwaltungsrat bei der CS. Diess Amt musste er wegen der Interessensgegensätze allerdings abgeben.
Michael Klein wird wichtiger CS-Manager
Klein bzw. seine Gruppe erhält laut den Angaben für den Verkauf eine Beteiligung an der CS First Boston in Form einer Wandelanleihe und eine Option. Die Wandelanleihe sieht jährliche Zahlungen vor und wird in Aktien der CS First Boston umgewandelt. Die Option wiederum berechtigt den Verkäufer zur Zeichnung von Aktien der CS First Boston bei einem Börsengang oder einem anderen Liquiditätsereignis, und zwar zum dann geltenden Wert abzüglich eines üblichen Abschlags. Gemäss CS-Angaben läge der heutige Wert (Nettobarwert) damit gar bei rund 210 Millionen US-Dollar.
Ein Börsengang ist laut einer Präsentation, die im Umlauf ist und über die in Medien kürzlich berichtet wurde, für das Jahr 2024 oder 2025 geplant. Ausserdem wird darin ein massiver Ertragsanstieg prognostiziert.
Das Team der Klein Group wird laut den Angaben in die Management- und Beratungskapazitäten der CS First Boston integriert und solle diese erweitern. Michael Klein wird damit zu einer wichtigen Figur im Management der Grossbank. Er wird nämlich CEO of Banking und CEO of the Americas der Credit Suisse sowie zum CEO der CS First Boston ernannt. Er wird dazu Mitglied der Geschäftsleitung und berichtet direkt an Group CEO Ulrich Körner.
SPG-Transaktion bald über die Bühne
Wie die Bank am Donnerstag weiter mitteilte, ist sie auch beim Verkauf des Geschäfts mit verbrieften Produkten (SPG) an Apollo Capital Management weiter voran gekommen. Per (gestrigem) 8. Februar sei ein erstes Closing der Transaktion erfolgt und noch im ersten Halbjahr 2023 soll der Verkauf ganz über die Bühne gehen.
Die CS erwartet aus dem Verkauf einen Vorsteuergewinn von 0,8 Milliarden US-Dollar, der zu einem Anstieg der harten Kernkapitalquote (CET1) um rund 30 Basispunkte führen werde und noch im laufenden ersten Quartal 2023 verbucht werde, heisst es. Die Transaktion dürfte auch zur Reduzierung der Liquiditätsanforderungen, der risikogewichteten Aktiven, der Leverage-Risikoposition und anderer Risikokennzahlen beitragen, so die CS.
Kostenmassnahmen gehen voran
Auch bei der Senkung der Kosten ist die CS in den letzten Monaten weiter gekommen. Die im vierten Quartal eingeleiteten Massnahmen dürften bereits rund 80 Prozent der für das Gesamtjahr 2023 angestrebten Senkung der Kostenbasis um rund 1,2 Milliarden führen. Weitere Kosten-Initiativen würden derzeit umgesetzt, so die Mitteilung weiter.
Die Bank will laut frühere Angaben bis ins Jahr 2025 die Kostenbasis um rund 15 Prozent oder etwa 2,5 Milliarden Franken verringern und dabei rund 9000 Stellen streichen.
Die Zahl der Mitarbeitenden verringerte sich gemäss den CS-Angaben im vierten Quartal um rund 4 Prozent, einschliesslich des bereits mitgeteilten Stellenabbaus. Ausserdem sei die Zahl der Auftragnehmenden und der Berater um rund 30 Prozent bzw. rund 20 Prozent reduziert worden.
Insgesamt konnten mit all den Massnahmen die sogenannten risikogewichteten Aktiven (RWA) um 23 Milliarden Franken gegenüber dem Vorquartal abgebaut werden. Der Rückgang sei vor allem auf den Fremdfinanzierungsabbau von rund 5 Milliarden in der Investment Bank und von rund 9 Milliarden in der Vermögensverwaltung und im Schweizer Geschäft zurückzuführen - dies im Rahmen der strategischen Massnahmen und als Reaktion auf die erheblichen Abflüsse von Kundeneinlagen, die die Gruppe im vierten Quartal 2022 verzeichnet habe.
CS-Bonustopf wird nach Verlustjahr um 50 Prozent gekürzt
Die CS-Angestellten erhalten für das vergangene Verlustjahr deutlich tiefere Boni. Der Bonuspool für 2022 sei gegenüber dem Vorjahr um 50 Prozent gekürzt worden, sagte Finanzchef Dixit Joshi am Donnerstag an einer Medienkonferenz. Die Geschäftsleitung muss ganz auf Boni verzichten.
Der klare Rückgang des Bonuspools kommt wenig überraschend aufgrund der tiefroten Zahlen der Grossbank, die derzeit in einem tiefgreifenden Umbau steckt. Die Bonuskürzungen würden die Mitglieder des oberen Managements deutlich stärker treffen als Mitarbeitende auf anderen Ebenen der Organisation, sagte CS-Chef Ulrich Körner an der Medienkonferenz.
Die Mitglieder der Geschäftsleitung würden für das Jahr 2022 gar keine variablen Entschädigungen erhalten, bestätigte Körner weiter. Persönlich würde er auch bei einem solchen Jahresergebnis keine Bonuszahlungen für das Top-Management erwarten. Die Credit Suisse hat am Donnerstag für 2022 einen Jahresverlust von 7,3 Milliarden Franken ausgewiesen.
Belohnungen für Umbau-Erfolge
Im Rahmen ihrer Restrukturierung will die Grossbank aber Anreize über sogenannte "Transformations-Belohnungen" schaffen. Diese sollen an einen "kleinen Kreis" von Personen mit wichtigen Beiträgen an den laufenden Umbau gehen und seien unabhängig von deren Stellung in der Hierarchie, sagte Körner.
Bei den vorgesehenen "Belohnungen" handle es sich aus Sicht der ganzen CS Gruppe um "keinen sehr materiellen" Betrag, so der CEO. Zudem werde ein beträchtlicher Teil erst bei Erreichung der Umbauziele fällig - also erst nach 2025. Die "Financial Times" hatte am Mittwoch über die Einrichtung eines Bonustopfes für Erfolge bei der Umstrukturierung berichtet und dessen Höhe auf 350 Millionen Franken beziffert.
CS-Aktien nach hohem Verlust im letzten Jahr unter Druck
Die Aktien der Credit Suisse (CS) sind am Donnerstag mit deutlichen Abgaben in den Handel gestartet. Schwache Zahlen waren zwar erwartet worden, doch in gewissen Bereichen fielen sie noch tiefer aus als befürchtet. Vor allem aber der hohe Abfluss von Kundengeldern kommt in Analystenkreisen gar nicht gut an.
Im Schweizer Handel verloren die CS-Aktien letztlich satte 14,37 Prozent auf 2,77 Franken.
"Ein schwaches viertes Quartal beschliesst ein schreckliches Jahr 2022", heisst es bei der Bank Vontobel in einem ersten Kurzkommentar. 2022 sei eindeutig eines der schlimmsten Jahre in der 167jährigen Geschichte der Bank gewesen. Sie habe nun in sieben der letzten neun Quartale Verluste verzeichnet, und auch für dieses Jahr erwarte die Bank einen "substantiellen" Vorsteuerverlust.
Beim Vorsteuerergebnis und beim Reinergebnis fällt der Verlust laut Analystenkommentaren auf den ersten Blick zwar etwas geringer aus als befürchtet. Allerdings wird die Qualität der Zahlen angeprangert, da das Ergebnis sowohl im Kerngeschäft Wealth Management als auch im Investment Banking schwächer gewesen sei als erwartet. Selbst die Schweizer Universalbank habe die Analystenschätzungen verfehlt, heisst es.
Vor allem aber der massive Abfluss von Kundengeldern im vierten Quartal kommt sehr schlecht an. Insgesamt zogen die Kunden netto Gelder von weit über 100 Milliarden Franken ab, wobei der grösste Teil schon im Oktober geschah, als im Internet Gerüchte über eine bedrohliche Schieflage der Bank zirkulierten. Da Kundengelder das Fundament für Erträge sind, wird sich der Abfluss noch länger negativ auswirken.
Kostenreduktionen seien denn auch von hoher Wichtigkeit, da die Erträge im 2023 wohl weiter rückläufig sein werden, heisst es bei der ZKB. So oder so wird der laufende Umbau noch länger dauern. Möglicherweise, so die Bank Vontobel, bringe das Jahr 2024 eine Trendwende, wenn auch mit wahrscheinlich immer noch geringen Gewinnen.
Zürich /Bern (awp)
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